Kritik der Relationen

Kritik der Relationen

aus medienanthropologischer Perspektive

ein Workshop des Graduiertenkollegs Medienanthropologie an der Bauhaus-Universität Weimar vom 12.-14. Mai 2022

Konzept

Das Denken in Relationen hat derzeit Konjunktur. Vor allem in den zeitgenössischen Sozial- und Geisteswissenschaften bilden Relationen einen zentralen begrifflichen, analytischen und methodischen Zugriff, durch den nicht zuletzt theoriepolitische Standpunkte jenseits klassisch-westlicher Ontologien eingenommen werden. Die Hinwendung zu Relationalität folgt dabei dem Anspruch, sowohl Essentialismen als auch anthropozentrischen Verkürzungen kritisch zu begegnen. Der Einsatz der Medienanthropologie ist es, in diesem Kontext insbesondere Verschränkungsweisen von Menschen und Medien in den Blick zu nehmen. Hierbei besteht die Grundannahme, dass die Relationen ihre jeweiligen Relata erst hervorbringen. Die Dezentrierung oder Durchstreichung eines der Welt entrückten, souveränen anthropos sowie jener Exzeptionalismen, die mit der Bemühung dieser Figur traditionellerweise einhergehen, markieren einen zentralen Aspekt medienanthropologischen Denkens. Gleichzeitig bietet die Fokussierung auf Vermitteltheit und Medialisierung auch Übergänge zu anderen relationalistischen Ansätzen, wie etwa Prozessphilosophien, Akteur-Netzwerk-Theorie und Neuen Materialismen. Mit der Verabschiedung des Menschen geht unterdessen auch die Abkehr von einem primordialen und selbstidentischen Subjekt einher. Stattdessen findet eine Hinwendung zu hybriden Existenzweisen und transversalen Gefügen statt. An die Stelle von Intentionalität und Transzendenz eines menschlichen Subjekts treten in relationalen Denkansätzen Immanenz und Situiertheit der wahrnehmenden, wissenden und handelnden Entitäten. Dabei werden klassische Theoreme der Präsenz und Unmittelbarkeit vor dem Hintergrund prozessualer Vermittlungsvorgänge neu hinterfragt.

 

 

Während es einerseits unbenommen ist, dass die Überführung ins Relationale als Kritik an einem essentialistischen Denken fungiert, stellt sich zugleich die Frage nach den Möglichkeitsbedingungen von Kritik innerhalb der oben skizzierten Neuausrichtung. Denn im kritischen Impetus gegen die urteilende und Werte setzende Instanz des Subjekts und in der Fokussierung auf zeitbasierte Verstrickungen menschlicher, technischer und weiterer Akteur_innen wird nicht nur Kritik an den zentralen Epistemen eines ‘weißen Humanismus’ geübt, sondern es kollabieren auch althergebrachte Grundfiguren kritischen Denkens und Handelns. Bis in Foucaults Machtanalytik hinein wurden Subjekte zwar als Gegenstand von Mächten begriffen, die es zu kritisieren galt, zugleich blieb das Subjekt aber auch Akteur_in und Informant_in kritischer Verfahren. Nicht zuletzt in der (subjektiv umzusetzenden) Distanzierung wurde das politische oder ethische Potenzial, Kritik zu üben und produktive Desintegration zu betreiben, verortet. Somit eröffnet sich angesichts des Paradigmenwechsels hin zu einer Vorgängigkeit von Immanenz und Relationalität die Frage, wie Kritik noch möglich sein kann, wenn eine solche Distanznahme sowohl theoretisch als auch praktisch eingeklammert oder gänzlich getilgt wird. Als Konsequenz der Destabilisierung von Kategorien wie Mensch, Subjekt oder Selbst müssen neue Orte, Positionen, Existenzweisen und Praktiken von Kritik in den Fokus genommen werden – wenn nicht sogar die Möglichkeitsbedingungen derselben.

 

 

Ausgehend von diesen Überlegungen wählt der Workshop unter dem Titel “Kritik der Relationen // aus medienanthropologischer Perspektive” zwei Zugänge zum Themenfeld: Einerseits geht es um die Möglichkeit von Kritik durch, andererseits um eine kritische Befragung der relationalen Denkansätze. Ebenso wie mit dem kritischen Potenzial – das relationale Theorie-Projekte wie die Medienanthropologie bergen – möchten wir uns gemeinsam mit den Teilnehmer_innen des Workshops damit befassen, wie kritisches Denken und Handeln innerhalb relationaler Ontologien und unhintergehbarer Immanenz unter Druck geraten und wie sie neu gefasst werden könnten. Fragen, die sich aus dieser zweifachen Problematisierung ergeben, lauten demnach: Welcher Kritikbegriff ist im Kontext eines relationalen Denkens noch haltbar? Welche Ideen von Kritik werden affirmiert oder verabschiedet, aktualisiert oder implizit mitgeführt? Wie lässt sich Kritik aus der Immanenz heraus konzipieren, praktizieren und denken? Was sind konkrete Szenen, Akteur_innen und Aktanten, Medien und Materialitäten sowie Milieus für relationale Kritik?

Programm

Donnerstag, 12. Mai 2022

ab 18:30 Uhr

Auftakt

Freitag, 13. Mai 2022

10:00 – 11:30 Uhr 

Panel I: Kritik der filmischen Relationen

Chair: Gabriel Geffert und Hannah Peuker

Lucas Curstädt

(Bonn)

Leerstellen des kritischen Posthumanismus

Martin Stefanov

(Wien/Berlin)

Relationismus und Relativismus

Daniel Fairfax

(Frankfurt a. M.)

„Formes qui pensent“: Montage als Kritik

12:00 – 13:30 Uhr

Panel II: Politik der Relationen

Chair: Martin Kallmeyer

Julia Schade

(Bochum)

Die anthropozäne Illusion – Oder: Wie denkt es sich aus einer Relationalität heraus?

Rémy Bocquillon

(Eichstätt)

Critique from the relation. The figure of the „diplomat“

Lorenzo Gineprini

(Köln)

Für eine ästhetische Politik nicht-menschlicher Entitäten: mit Rancière und über ihn hinaus

15:00 – 16:00 Uhr

Werkstattgespräch I

Chair: Gereon Rahnfeld

Julia Preisker

(Wien)

Der Wunsch nach a shener Velt in der Vielfalt ihrer Perspektiven – Jiddische Protestlieder als kleine Formen des Widerstands

16:30 – 18:00 Uhr

Panel III: Relationalität des (Un)Berechenbaren

Chair: Charlotte Brachtendorf und Maximilian Rünker

Irina Raskin

(Braunschweig)

Relationen des Berechenbaren und die Unberechenbarkeit des Relationalen – eine Diskussion

Thomas Schlereth

(Karlsruhe)

Relationstheoretische Grundlagen bei Ákos von Pauler

Mats Werchohlad

(Weimar)

Ästhetik der Relativität: Die Auseinandersetzung des Bauhauses mit Einsteins Relativitätstheorie

ab 18:00 Uhr

Conference Dinner

Samstag, den 14. Mai 2022

10:00 – 11:30 Uhr

Panel IV: Metaphysik der Relationen

Chair: Shirin Weigelt und Charlotte Bolwin

Tobias Matzner

(Paderborn)

Die heimliche Rückkehr Gottes? Gaia, „the universe“ und andere Großsubjekte in relationalen Theorien

Michael Mayer

(Konstanz)

Gott, Regelkreis und Bürgerkrieg – Anmerkungen zu Urszene einer Logik der Relation

Felix Hüttemann

(Paderborn)

Kritik der Allverbundenheit. Oder: Relationalität der Trennungen 

12:00 – 13:00 Uhr

Panel V: Kritik der dokumentarischen Relationen

Chair: Maria Brannys und Max Walther

Jakob Claus

(Oldenburg)

„no whole and no parts“ – zur Relationalität ethnologischen Wissens

Jasmin Degeling

(Weimar)

Philipp Hohmann

(Bochum)

Reparative Praktiken, reparative Methoden

14:00 – 15:00 Uhr

Werkstattgespräch II

Chair: Kathrin Mira Amelung

Lenore Hipper

(Potsdam)

Bezugnahme versus Relation: Ethik des Bedeutens nach Emmanuel Levinas

15:00 – 15:30 Uhr

Abschluss

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Anmeldung

Der interdisziplinäre Workshop “Kritik der Relationen // aus medienanthropologischer Perspektive” wird vom 12. bis 14.05.2022 in Präsenz an der Bauhaus-Universität in Weimar stattfinden. Der Workshop findet an unterschiedlichen Orten in Weimar statt: Am Donnerstag, den 12. Mai beginnen wir in der Galerie Eigenheim (Asbachstraße 1). Am Freitag, den 13. Mai findet die Veranstaltung in der Weimarhalle statt (Seminargebäude EG, Unesco-Platz 1). Den Abschluss bildet der 14. Mai im Audimax der Bauhaus-Universität Weimar (Steubenstraße 6).

 

Es gelten die Hygienemaßnahmen der Bauhaus-Universität Weimar. Diese beinhalten insbesondere die Einhaltung der AHAL-Regeln und die Verpflichtung zum Tragen eines medizinischen Mund-Nase-Schutzes. Wir bitten darum, nur die markierten Sitzplätze (mit 1,5m Abstand) zu benutzen. Insofern die Abstandsregeln am Sitzplatz eingehalten werden können, entfällt hier die Maskenpflicht. Bitte beachten Sie auch den gesamten Rahmenhygieneplan der Bauhaus-Universität Weimar.

 

Für die Werkstattgespräche I & II bitten wir um die Vorbereitung der von den Vortragenden zur Verfügung gestellten Materialien. Diese wurden per E-Mail an alle angemeldeten Teilnehmer_innen und Panelist_innen versendet. Sollten Sie diese nicht erhalten haben, wenden Sie sich bitte an info@kritik-der-relationen.de

 

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen die Veranstaltung zu besuchen. Wir bitten um vorherige Anmeldung über die E-Mail-Adresse anmeldung@kritik-der-relationen.de.

 

About

Dieser Workshop wird konzipiert, organisiert und durchgeführt von den Kollegiat_innen des DFG-geförderten Graduiertenkollegs Medienanthropologie (GRAMA) an der Bauhaus-Universität Weimar. Nähere Informationen über das Graduiertenkolleg und die Kollegiat_innen finden Sie auf der Website des Graduiertenkollegs

Contact

Bei Rückfragen und Vorschlägen sind wir jederzeit erreichbar. Bitte schreiben Sie uns unter info@kritik-der-relationen.de.

Impressum

Angaben gem. § 5 TMG:

Charlotte Brachtendorf 

Belvederer Allee 9

99423 Weimar

 

Kontaktaufnahme:

Telefon: 03643-584042

E-Mail: info@kritik-der-relationen.de

 

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